Leben mit HIV und AIDS

Die Abkürzung HIV steht für "Humanes Immundefizienz-Virus". Das bedeutet, dass HIV die körpereigenen Abwehrkräfte, die auch Immunsystem genannt werden, schädigt⁶. Das HI-Virus ist, wie alle Viren, kein eigener Organismus, sondern er braucht eine sogenannte Wirtszelle im Körper, um überleben zu können. Der HI-Virus verbindet sich mit der Wirtszelle und die menschliche Zelle wird so verändert, dass sie neue HI-Viren produziert⁷. In der Folge verbreitet sich HIV im menschlichen Körper.

Eine HIV Infektion, die nicht medikamentös behandelt wird, verläuft in der Regel in vier Phasen:

1. Phase: Akute HIV-Infektion
   Kurz nach einer Infektion vermehrt sich das Virus im Körper besonders stark und die Ansteckungsgefahr ist am höchsten. In dieser Phase können grippeähnliche Symptome auftreten.
2. Phase: HIV-Infektion ohne Symptome
   Nach der akuten Phase folgt meist eine Symptom-freie Zeitspanne mit einer geringeren Virenvermehrung. Das Virus wird durch die körpereigene Abwehr in Schach gehalten, verursacht jedoch bereits bleibende Schäden.
3. Phase: HIV-Infektion mit Symptomen
   Ohne eine Behandlung ist das eigene Immunsystem mit der Zeit sehr geschwächt und es kann zu unspezifischen Symptomen kommen. Beispielsweise Lymphknotenschwellungen, Gürtelrose, Fieber, anhaltender Durchfall, Pilzbefall oder auch Nervenschädigungen.
4. Phase: AIDS
   Durch eine rechtzeitige Behandlung des HI-Virus kann AIDS vermieden werden. Falls es jedoch zu keiner Behandlung kommt, kann nach einer HIV Infektion die Krankheit Aids ausbrechen¹¹.

Ohne eine Behandlung kann der Körper nach einer HIV-Infektion Krankheitserreger nicht mehr bekämpfen. Im schlimmsten Falle lösen diese anderen Krankheitserreger, beispielsweise Bakterien, Pilze oder Viren, dann lebensbedrohliche Erkrankungen aus, zum Beispiel schwere Lungenentzündungen⁶. In diesem Fall spricht man dann von AIDS. Auch AIDS ist eine Abkürzung und bedeutet „Acquired Immune Deficiency Syndrome“. Übersetzt heißt das: Erworbenes Abwehrschwäche-Syndrom⁶. Kurz gesagt kann aus einer HIV-Infektion ohne entsprechende Behandlung eine AIDS-Erkrankungen entstehen, wenn sich die HI-Viren im Körper ausbreiten und Zellen der körpereigenen Immunabwehr schädigen und zerstören.

Nur mit einem HIV-Test kann festgestellt werden, ob eine Infektion vorliegt. Die Symptome können sehr unterschiedlich sein und unterscheiden sich, je nach dem wie lange die Ansteckung mit dem HI-Virus bereits zurückliegt. Kurze Zeit nach der Infektion können grippeähnliche Symptome auftreten:

• Fieber
• Abgeschlagenheit
• Nachtschweiß
• Lymphknotenschwellung

Anschließend treten häufig längere Zeit keine oder unspezifische Symptome, wie beispielsweise Fieber, anhaltender Durchfall, Pilzbefall oder Nervenschädigungen auf. Bereit in dieser Zeit schädigt das Virus, häufig unbemerkt, den Körper¹¹. Eine HIV Infektion kann so über mehrere Jahre unentdeckt bleiben.
Wenn das Immunsystem bereits so geschwächt ist, dass sich eine AIDS Erkrankung entwickelt hat, zeigen sich AIDS-Symptome durch schwerwiegende Erkrankungen. Das Immunsystem ist nicht mehr in der Lage diese zu verhindern, beispielsweise:

• eine bestimmte Form der Lungenentzündung (Pneumocystis-Pneumonie)
• Pilzbefall der Speise- und Luftröhre
• bestimmte Krebsarten (zum Beispiel Kaposi-Sarkom)¹¹

Im Alltag ist eine HIV-Übertragung sehr unwahrscheinlich. Küssen, Anhusten oder das Benutzen derselben Toilette führen beispielsweise nicht zu einer Übertragung. HIV wird durch Blut und andere infektiöse Körperflüssigkeiten übertragen. Das sind beispielsweise Sperma, Vaginalsekret und dem Flüssigkeitsfilm der Darmschleimhaut⁹.
Ein hohes HIV-Risiko besteht in folgenden Situationen:

• Ungeschützter Geschlechtsverkehr (Vaginal oder Anal)
• Gemeinsame Benutzung von Spritzen und Nadeln beim Drogenkonsum⁸

Eine Übertragung des HI-Virus bei Oralem Geschlechtsverkehr oder Petting ist unwahrscheinlicher, aber dennoch möglich. Ebenso können die Schwangerschaft, Geburt und das Stillen zu einer Übertragung von der Mutter auf das Kind führen. Dieses Risiko lässt sich durch verschiedene Maßnahmen jedoch sehr stark senken. Zur Vermeidung einer Ansteckung über Blutprodukte, beispielsweise bei einer Bluttransfusion, werden in Deutschland die Spender sorgfältig ausgewählt und das gespendete Blut regelmäßig auf das HI-Virus getestet.¹⁰.

HIV-Prävention bedeutet nicht, dass Sie auf Liebe, Sex und Spaß verzichten müssen. Es geht vielmehr darum, dass Sie Risikosituationen erkennen und Maßnahmen zum Schutz ergreifen können. Diese Schutzmaßnahmen gelten im Übrigen für alle Beteiligten - dabei ist es ganz egal, ob Sie HIV-positiv oder HIV-negativ sind.
Wir haben Ihnen einige empfohlene Schutzmaßnahmen einmal übersichtlich dargestellt:

Sexuelle Kontakte (Analverkehr, Vaginal- und Oralverkehr)

• Kondome, Lecktücher, Femidome
• Der HIV-positive Partner liegt unterhalb der Nachweisgrenze durch eine wirksame HIV-Therapie
• PrEP Nutzung - das bedeutet die Prä-Expositions-Prophylaxe und den Schutz durch HIV-Medikamente

Intravenöser Drogenkonsum

• Hilfsprogramme in Anspruch nehmen
• Ausschließlich sauberes Drogenbesteck nutzen
• PrEP-Nutzung, Schutz durch Medikamente

Schwangerschaft und HIV-Übertragung auf das Kind

• Schutz durch eine erfolgreiche HIV-Therapie der werdenden Mutter

HIV-Übertragung durch Blut und in Risikoberufen

• Verwendung von Latexhandschuhen, z.B. wenn Sie Ersthelfer sind
• Konstante Einhaltung der Hygienevorschriften

Eine erfolgreiche HIV-Therapie lässt die Viruslast unter die Nachweisgrenze fallen, sodass das Virus im Blut nicht mehr nachweisbar ist. Selbst beim ungeschützten Geschlechtsverkehr kann HIV dann nicht mehr übertragen werden⁸.
Ist HIV also heilbar? - Nein. Es ist wichtig zu wissen, dass eine Heilung bislang nicht möglich ist. Moderne HIV-Medikamente sind in der Regel aber gut verträglich und ermöglichen eine normale Lebenserwartung und eine gute Lebensqualität.

Eine HIV-Therapie verfolgt das Ziel die Vermehrung der Viren im Körper zu unterdrücken. Sie wird auch antiretrovirale Therapie (kurz ART) genannt. Mehrere Wirkstoffe werden miteinander kombiniert, um die Bildung von Resistenzen zu verhindern und an unterschiedlichen Stellen der HIV-Vermehrung anzusetzten¹³. Um die richtige Therapie zu finden, ist es wichtig, mit dem Arzt oder der Ärztin offen über Fragen, Vorbehalte, den eigenen Lebensstil und Wünsche zu sprechen. Behandlungsleitlinien empfehlen, dass möglichst schnell mit der HIV-Therapie begonnen wird, um die Schäden für das Immunsystem zu minimieren. Es ist also wichtig, sich nicht zu schämen und bei Ärzten offen mit einem Risikokontakt umzugehen, damit eventuelle Maßnahmen frühzeitig ergriffen werden können.

Das HI-Virus stellt die Behandlung vor große Herausforderungen, da es sich stetig verändern kann. In der Kombinationstherapie werden verschiedene Wirkstoffe miteinander kombiniert, um Resistenzen zu verhindern und an unterschiedlichen Stellen der Vermehrung des HI-Virus ansetzten zu können.

• Manche HIV-Medikamente verhindern, dass das HI-Virus in die Körperzellen eindringt.
• Andere verhindern, dass das Virus in den infizierten Zellen das Kommando übernimmt.
• Wieder andere verhindern, dass bereits infizierte Zellen neue Viren freisetzten¹³.
  

Viele Wirkstoffe stehen heute in einer Fixkombination in einer Tablette miteinander kombiniert zur Verfügung.

Im Zusammenhang mit HIV hört man immer wieder den Ausdruck "unter der Nachweisgrenze liegen" - aber was heißt das eigentlich?
Die Nachweisgrenze gibt den Schwellenwert an, bei dem das HI-Virus im Blut nicht mehr nachweisbar ist. Mithilfe einer regelmäßigen Einnahme der Medikamente ist es möglich, dass die Virenlast im Körper unter die Nachweisgrenze fällt¹³. HIV kann dann auch bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr oder anderem Risikokontakt nicht mehr übertragen werden. Durch eine erfolgreiche Therapie können dann auch HIV-positive Menschen Eltern werden und müssen während der Zeugung, Schwangerschaft und Geburt keine Angst vor der Übertragung auf das Kind haben¹³. Man spricht hier auch von "Schutz durch Therapie".

PrEP ist eine Abkürzung und steht für Prä-Expositions-Prophylaxe. PrEP bedeutet den Schutz durch Medikamente. In diesem Fall behandeln diese Medikamente jedoch keine bestehende HIV-Infektion, sondern beugen einer Neuinfektion vor. Diese Prophylaxe ist verschreibungspflichtig und darf nur unter ärztlicher Betreuung eingenommen werden.

Die Wirkstoffe der Medikamente verhindern die Vermehrung von HI-Viren. Sie wirken also "antiretroviral". Sollten HI-Viren in den Körper einer HIV-negativen Person eindringen, verhindert die PrEP, dass sich HI-Viren vermehren und etablieren können¹².

Für die Behandlung einer HIV-Infektion oder der Verschreibung der PrEP sollten spezialisierte Schwerpunktpraxen aufgesucht werden. Die Ärzte und Ärztinnen dort sind auf HIV spezialisiert. Manche Krankenhäuser oder Kliniken bieten zudem HIV-Ambulanzen an. Nur ein Spezialist kann den Verlauf der HIV-Infektion einschätzen und die richtige Therapie für Sie auswählen. In der Regel sind Besuche nur quartalsweise notwendig, also lohnt sich auch ein längerer Weg zur nächsten Schwerpunktpraxis in ländlicheren Gebieten für die optimale Versorgung.
Weiter unten finden Sie eine angebundene Schwerpunktarzt-Suche der dagnä (ein Verband niedergelassener HIV-Ärzte), die Ihnen bei der Suche helfen kann.